Die Fähigkeit, Dein Gleichgewicht zu halten, ist etwas, das die meisten Menschen für selbstverständlich halten. Wenn Du Dir jedoch vor Augen führst, welche komplexen Prozesse notwendig sind, um zum Beispiel eine Treppe hinunterzugehen, wird schnell klar, wie bemerkenswert das eigentlich ist.
Diese Fähigkeit beruht auf vielen biologischen Prozessen, die durch die Evolution so fest verdrahtet sind, dass Du sie im Alltag kaum wahrnimmst – es sei denn, Du wirst älter, schwächer und gebrechlicher.
Dann denkst Du bei jeder Bewegung vielleicht daran, weil Du Angst hast, nach einem Sturz nicht mehr aufzustehen. Diese Angst ist berechtigt: Etwa 1 von 3 Erwachsenen über 65 stürzt jährlich, und bei etwa jedem fünften Fall kommt es zu schwerwiegenden Folgen wie Knochenbrüchen oder Kopfverletzungen.
Viele landen danach im Krankenhaus, was zu weiterer Schwächung führt. Und die ständige Angst vor einem Sturz kann das Leben richtig lähmen.
Gleichgewicht bedeutet, dass Du Deinen Massenschwerpunkt vertikal über Deiner Stützbasis mit minimalen Schwankungen hältst.
Der „Massenschwerpunkt“ (CoM) ist der Punkt, an dem die gesamte Masse Deines Körpers zusammengefasst ist. Bei den meisten Menschen liegt dieser Punkt im Becken, direkt vor dem Kreuzbein.
Dieser Schwerpunkt ist kein fixer Punkt, er bewegt sich je nach Körperhaltung oder wenn Du z. B. eine Last trägst. Wenn Du schwanger bist, verschiebt sich Dein Schwerpunkt automatisch, und Dein Körper passt sich an, damit Du nicht umfällst.
Während einer Kniebeuge oder beim Sprint bewegt sich Dein Körperschwerpunkt ständig vor und zurück, aber Dein Körper gleicht das aus, um das Gleichgewicht zu halten.
Dein Gleichgewicht hältst Du, wenn Dein Schwerpunkt genau über Deiner Basis – dem Bereich unter Deinen Füßen – liegt.
Wenn Du das Gleichgewicht verlierst, erfassen drei Systeme das sofort:
Mach mal den Test: Lehne Dich langsam auf Deine Zehenspitzen. Du wirst sofort merken, dass Du leicht das Gleichgewicht verlierst und Deine Waden, Dein unterer Rücken und andere Muskeln anfangen, sich anzuspannen, um Dich zu stabilisieren.
Lehnst Du Dich dann nach hinten auf Deine Fersen, spürst Du, wie Deine Oberschenkel und Unterschenkel arbeiten, um einen Sturz zu verhindern. Vielleicht streckst Du sogar automatisch die Arme aus, um Dich abzufangen.
Diese Muskelkraft brauchst Du, um das Ungleichgewicht auszugleichen und das Gleichgewicht wiederherzustellen.
Wenn Du jemanden siehst, der Probleme mit dem Gleichgewicht hat, muss man herausfinden, wo das Problem liegt: Liegt es an einem sensorischen Defizit (Innenohr, Nerven, Augen) oder an fehlender Muskelkraft?
Bei den meisten Menschen ist es die mangelnde Kraft, die das Gleichgewicht beeinträchtigt. Sie sind schlicht zu schwach.
Der beste Weg ist, Deine Muskelkraft gezielt zu steigern.
Dafür eignen sich Übungen, die…
Beispiele sind Grundübungen wie Kniebeugen (Squat), Überkopfdrücken (Overhead press) oder Kreuzheben (Deadlift).
Während Du bei diesen Übungen Deinen Schwerpunkt kontrollierst und eine schwere Last über Deiner Stützbasis hältst, trainierst Du gleichzeitig die Kraft und die neurologischen Mechanismen, die das Gleichgewicht steuern.
Je stärker Du wirst, desto besser kannst Du kleinere Abweichungen im Gleichgewicht ausgleichen.
Viele denken, dass Training auf instabilen Unterlagen wie Gummibällen oder Balance Boards das Gleichgewicht verbessert, weil man ständig korrigieren muss.
Das mag auf den ersten Blick logisch erscheinen, doch wenn Du genauer hinsiehst, erzeugen diese Übungen nicht die nötige Muskelkraft, um das Gleichgewicht wirklich zu verbessern.
Studien zeigen, dass Deine Kraft auf instabilen Unterlagen oft abnimmt.
Wenn Du also besser auf einem Gummiball stehst, hast Du vor allem gelernt, auf einem Gummiball zu stehen – aber nicht, wie Du im Alltag sicher auf festem Boden bleibst.
Da wir auf festem Boden laufen, solltest Du Dein Gleichgewicht auch auf festem Untergrund trainieren.
Und damit es wirklich besser wird, solltest Du die Trainingsintensität steigern können – was auf instabilen Unterlagen kaum möglich ist.
Natürlich ist es sinnvoll, ganz spezifische Fähigkeiten – wie auf einem Hochseil balancieren – separat zu trainieren.
Aber für die Mehrheit, die im Alltag sturzgefährdet ist, gilt:
Steigere Deine Muskelkraft mit Grundübungen, um Dein Gleichgewicht effektiv und dauerhaft zu verbessern!